5 Jahre Freitags-Newsletter


Wir haben allen Grund, zu feiern! Unseren Newsletter gibt es auf den Tag genau seit fünf Jahren. Es begann mit der Initiative für gerechte Honorare, die wir 2016 gründeten. Daraus entstand im Sommer 2017 unser Kollegennetzwerk Psychotherapie und gleichzeitig auch der Newsletter. Von Beginn an waren rund 1.400 Kolleginnen und Kollegen an Bord, um sich gemeinsam für die Rechte unseres Berufstandes einzusetzen. 

Zu dieser Zeit hatten wir das Gefühl, dass die bestehenden Berufsverbände, Bundes- und Länderkammern nur unzureichend in der Lage waren, zentrale Anliegen der Therapeutenschaft in die Entscheidungsgremien der Gesundheitspolitik zu tragen. Wir wollten zentrale Themen wieder in die eigene Hand nehmen, wie: Wahrung der Schweigepflicht und Datensicherheit, Entscheidungshoheit über die Dauer und Notwendigkeit psychotherapeutischer Behandlungen, die unbefriedigende Situation langer Wartezeiten auf ein Erstgespräch und vieles mehr.

Seitdem sind wir stetig gewachsen. Heute abonnieren rund 12.500 Menschen unsere wöchentliche Fachinformation. Darauf sind wir sehr stolz. Erreichen wir doch hiermit immerhin mehr als ein Drittel aller psychotherapeutisch tätigen Fachbehandlerinnen und -behandler in Deutschland.

Der große Zuspruch - wir können ein kleines Buch mit Dankes-E-Mails füllen - veranlasste uns dann, den Berufsverband Deutsches Psychotherapeuten Netzwerk im Mai 2019 zu gründen. Auch hier sind wir in den letzten Jahren stetig gewachsen, sodass wir heute über 2.000 Mitglieder zählen dürfen. 

Ausschlaggebend für den Start unseres alternativen Netzwerks war die Einführung der Telematik-Infrastruktur (TI) im Gesundheitswesen. Das Gesetz war längst beschlossen, als klar wurde, dass auch wir vollends in die digitale Mammutstruktur aufgenommen werden sollen. Das traf mitten ins Herz unserer therapeutischen Professionalität. Sind doch Verschwiegenheit und Vertrauen die essenziellen Bestandteile unserer psychotherapeutischen Arbeit. Diese Daten digital zu erfassen und zentral in riesigen Gesundheitsclouds abzulegen, entsprach und entspricht ganz und gar nicht unserer Auffassung von professioneller Psychotherapie. Umso schlimmer nahmen wir seinerzeit den schwachen Widerstand anderer Berufsverbände wahr. Da mussten wir einfach aktiv werden. 

Dass dies im Sinne sehr vieler Kolleginnen und Kollegen war und ist, zeigen die Ergebnisse unserer Umfrage aus dem Frühjahr 2022 zum Nutzen und der Belastung durch die Telematik-Infrastruktur (TI) in der psychotherapeutischen Praxis. Zwei Drittel von uns sind trotz finanzieller Einbußen nicht an die TI angeschlossen. Und ein Drittel derjenigen, die angeschlossen sind, würden den Schritt nach heutigem Wissen wieder rückgängig machen. Das ist doch sehr eindeutig.

Leider beschäftigt uns das Thema Telematik-Infrastruktur ununterbrochen bis heute. Weitere Dauerbrenner-Themen sind: 

-Infragestellung der elektronischen Patientenakte in Bezug auf die Vereinbarkeit von Schweigepflicht und Datensicherheit

-Behalten der Entscheidungshoheit über die Dauer und Notwendigkeit von psychotherapeutischen Behandlungen

-Kritik an der Terminvermittlung über die Terminservicestelle (TSS) der Kassenärztlichen Vereinigungen (KV) 

-Eintreten für das Verbessern von langen Wartezeiten auf Erstgespräche

-Kritik an den geplanten Maßnahmen zur Qualitätssicherung (Patientenbefragung)

Heute wie damals gilt es, den psychotherapeutischen Sachverstand stärker in den Diskurs über das „Wie“ unserer Gesundheitsversorgung einzubringen. Die gesundheitspolitischen Entscheidungen der letzten Jahre haben uns gezeigt: die Strukturen sind zutiefst undemokratisch, praxisfern und zunehmend dominiert von privatwirtschaftlichen Gruppierungen. Wir brauchen aber ein Gesundheitssystem das Menschen in ihrer Gesundung unterstützt und gesund erhält. Dafür treten wir als Netzwerk engagiert und kompetent ein.

Wir verstehen uns übrigens nicht als Konkurrenz zu anderen Interessenvertretungen, sondern als deren notwendige Ergänzung. Auch wenn die anderen Psychotherapeutenverbände dies zuweilen anders empfinden. Wir sind nicht die Wunde im Gesundheitswesen, sondern wir legen den Finger in die Wunde. Und das werden wir mit Ihrer Unterstützung auch in den nächsten fünf Jahren tun. 

Wir freuen uns drauf, mit Ihnen weiterhin das öffentlichen Ansehens der Psychotherapie zu fördern, die Information von Patienten voranzutreiben, juristisch berechtigte Forderungen für Sie und uns durchzusetzen und unberechtigte Forderungen abzuwehren.

Wie schnell sind fünf Jahre vergangen und was haben wir bisher nicht alles erreicht. Ein paar Stichpunkte:

-Aufbau und Aufgaben des Verbandes: Homepage, wöchentlicher Newsletter, Praxishilfen, eigener telefonischer Terminvermittlungsdienst, eigene datenschutzkonforme Suchmaschine, eigene Videoplattform für Patientenbehandlungen, weitere Plattformen als Austauschforen und Datenbanken; Bekanntmachung des DPNW durch zahlreiche Pressemitteilungen und Darstellung im Internet, wie auch auf Wikipedia; tägliche Beantwortung von Anfragen und Anregungen, Organisation von Fortbildungen, Besuche von Politikern in Berlin, regelmäßige Sprechstunden für Kolleginnen und Kollegen. 

-Ukrainehilfe: Wir haben in kurzer Zeit Dank der großen Unterstützung unserer Mitglieder Extra-Therapieplätze und eine Rufnummer eingerichtet für Flüchtlinge, Angehörige und überforderte Menschen, die Flüchtlinge aufgenommen haben. Rund 100 Kolleginnen und Kollegen beteiligen sich an dieser Aktion.

-Corona: Eintreten für die Möglichkeit zu unbegrenzter Therapie per Video und Telefon. Wir haben die Kassenärztlichen Vereinigungen davon überzeugt, die Abschlagszahlungen für Kolleginnen und Kollegen, die in der Corona-Pandemie weniger verdienten, nicht zu senken. Für Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten besteht auch Dank unserer Interventionen keine Maskenpflicht am Arbeitsplatz. Auch Patienten und Patientinnen können auf die Masken verzichten. 

-Flutkatastrophe im Ahrtal: Durch die überwältigende Hilfsbereitschaft unserer Mitglieder konnten wir schnell für vier Monate ein Notfalltelefon mit mehr als 80 Kolleginnen und Kollegen ins Leben rufen. Hier fanden Hilfesuchende ein erstes Gespräch und psychotherapeutische Unterstützung. Ebenso schufen wir eine Datenbank mit Raumangeboten aus unseren eigenen Reihen für in Not geratene Kollegen und Kolleginnen. In unseren bestehenden Terminvermittlungsdienst integrierten wir viele Termine für Akutbehandlungen. Insgesamt kamen auf diese Weise über 100 Termine speziell für Flutbetroffene zustande.

-PEH Ausbildung: Ausgelöst durch die Flutkatastrophe im Ahrtal schufen wir mit dem Rhein-Eifel-Institut in Andernach eine Ausbildung zur psychologischen Ersthilfe. Die Seminare sind sehr gefragt sowohl bei Kollegen und Kolleginnen als auch bei Laien. Zur Bekanntmachung versendeten wir mehrere Pressemitteilungen und nahmen Kontakt auf zu anderen Hilfsstellen und städtischen Einrichtungen.

-E-Evidence Verordnung: Ein weiteres „akutes“ Ereignis in 2021 ist mit der E-Evidence-Verordnung aufgetaucht, auf die wir mit einer Petition aufmerksam gemacht haben. Wir haben über 4.000 Unterschriften gesammelt und werden unterstützt durch den Bundesdatenschutzbeauftragten, die KBV, den BDP und kirchliche Stellen. Wenn die E-Evidence-Verordnung in Kraft tritt, kann unsere Schweigepflicht durch das jeweilige Länderrecht ausgehebelt werden. Dagegen verwahren wir uns aufs Entschiedenste.

-Telematik und Datenschutz: Schweigepflicht, Datenschutz sowie die drohenden Einschränkungen unseres Berufsstandes sind dringliche Themen, die uns seit der Verbandsgründung kontinuierlich beschäftigen. Wir stemmen uns gegen die verpflichtende Einführung der Telematik und der elektronischen Patientenakte. Schon Ende 2019 hat das DPNW das Bündnis zum Schutz der Gesundheitsdaten ins Leben gerufen, welches regelmäßige Aktionen plant, wie z.B. auf Twitter. Es geht um die Bewusstmachung des Themas in der breiten Öffentlichkeit und um das Schreiben offener Briefe an Politikerinnen und Politiker. Hieran sind ebenso verschiedene Initiativen und Verbände beteiligt, die den Patientendatenschutz als zentrales Anliegen in die aktuelle Gesundheitspolitik tragen.

-Elektronische Patientenakte (ePA): Wir kämpfen weiterhin gegen die ePA-Einführung mit OPT-Out-Regelung.

-Neues Qualitätssicherungsverfahren: Wir treten weiterhin mit Vehemenz dagegen auf, dass umfangreiche und sinnlose Patientenbefragungen durchgeführt werden.

-Nützliche Unterstützungen: Unsere Mitglieder finden auf unserer Webseite www.dpnw.de viele hilfreiche Mustertexte, Widerspruchsschreiben gegen Honorarkürzungen, Skripte zu DPNW-Webinaren und einiges mehr. 

-Veranstaltungen, Sprechstunden, Beratungen: Wir bieten regelmäßige Online-Veranstaltungen und Samstags-Sprechstunden an. Die Webinare sind sehr beliebt bei unseren Mitgliedern, ebenso wie die persönlichen Termine für IT- und Rechtsberatungen. Diese Termine sind für Mitglieder kostenlos und inzwischen fester Bestandteil unserer Verbandsarbeit. Bis März 2022 einschließlich führten wir 493 Veranstaltungen mit 2.421 Teilnehmerinnen und Teilnehmern durch.

-Terminvergabe: Beim Thema Terminservicestellen konnten wir erreichen, dass Praxen, die keine Termine frei haben, keine Sprechstunden, Akutbehandlungen oder probatorische Sitzungen anbieten müssen. Wir haben eine eigene Terminvergabe ins Leben gerufen, bei der freie Therapieplätze (nicht Termine) durch Psychologinnen und Psychologen vergeben werden. Damit fällt die telefonische Bereitschaft weg.

-Rechtsberatung: Wir führen kostenlose Rechts- und IT-Beratungen durch.

-Umfragen: Wir haben mehrere Befragungen unter Kolleginnen und Kollegen und auch unter Patientinnen und Patienten durchgeführt, meist wissenschaftlich gestützt durch die Universität Bonn, wie zum Beispiel:

oZur elektronischen Patientenakte 

oZur Videosprechstunde in der Psychotherapie

oZufriedenheit mit Praxisverwaltungssystemen

oZur Maskenpflicht in der Psychotherapie 

oNutzen und Belastung durch die Telematik-Infrastruktur (TI) in der psychotherapeutischen Praxis 

-Klagen: Gemeinsam mit unserem Juristen führen wir Muster- und Verfassungsklagen gegen die Honorar-Sanktionen für Behandlerinnen und Behandler, die die TI verweigern, sowie eine Verfassungsklage gegen die für Patient und Patientinnen unzumutbare Lotsenregelung. 

-Praxisalltag: Wir haben dafür gesorgt, dass das Gutachterverfahren für Gruppen ganz abgeschafft wurde und das Gutachterverfahren für Einzeltherapien durch ein anderes Verfahren ersetzt wird. 

-Daran arbeiten wir noch: Das Forum für den Austausch mit Anbietern von Praxisverwaltungssoftware. Dies hängt unmittelbar mit dem Test der Praxisverwaltungssoftware zusammen und wird bald kommen.

-Die Veröffentlichung der Kommunikationsplattform für Psychotherapeuten und -therapeutinnen mit einem neuen Sicherheitskonzept. Es wird KIM, Videosprechstunde, "Telegram" und "Dropdop" ohne Zugriffsmöglichkeit von außen geben. Die technische Ausarbeitung ist fertig. Die Bedienung muss noch überarbeitet werden, damit es für alle leicht zu bedienen ist.  

-Aufbau eines eigenen PiA Netzwerks

-Erweiterung einer bundesweiten zentralen Therapieplatzvergabe

Soweit unser Resümee der letzten Jahre. Wir können stolz sein, auf das, was wir geschaffen und geschafft haben. Wer hätte gedacht, dass aus dem kleinen Pflänzchen „Initiative für gerechte Honorare“ einmal ein schlagkräftiger Verband mit über 2.000 Mitgliedern wird. Wir sind sehr froh, dass wir dieses kollegiale und basisdemokratische Mitmach-Netzwerk haben. Wenn es das Deutsche Psychotherapeuten Netzwerk nicht schon gäbe, wir müssten es heute neu erfinden. Unsere Arbeit ist wichtiger denn je. Also packen wir es an!

Ihr Kollege

Dieter Adler