Krankenkassen: Telefonisten heilen Therapieplatzmangel. Psychotherapeuten schütteln den Kopf 27.1.2023

 

Ankündigungen des Verbandes der Ersatzkassen verwundern deutsche Psychotherapeuten.

 

Auf dem Neujahrsempfang des Verbandes der Ersatzkassen e. V (vdek) präsentierten der Verbandsvorsitzende Uwe Klemens und die Vorstandsvorsitzende Ulrike Elsner, wie sie sich eine bessere Zukunft für die gesetzlichen Krankenkassen und die Ersatzkassen vorstellen. Das Deutsche Psychotherapeuten Netzwerk (DPNW) stellt die Ideen zu einer Reform der psychotherapeutischen Versorgung in Frage.

 

  • Krankenkassen wissen mehr: psychotherapeutischer Versorgungsmangel liegt nicht an zu wenig Kassensitzen, sondern an fehlenden Telefonisten.
  • Krankenkassen möchten alles wissen: Forderung der Ausweitung des Opt-Out-Verfahrens bei allen Verfahren der elektronischen Patientenakte.
  • Krankenkassen heilen hastiger: Freiwerdende Praxen sollen bevorzugt mit „schnelleren“ systemischen Therapieverfahren nachbesetzt werden. 
  • Krankenkassen möchten mehr Kontrolle: Psychotherapeuten sollen verpflichtet werden, die Hälfte ihrer freiwerdenden Behandlungskapazitäten an Terminservicestellen zu melden. 

 

 Der DPNW-Vorsitzende Dieter Adler meint zur Äußerung von vdek-Vorstandsvorsitzender Ulrike Elsner, dass der Terminmangel an fehlendem, zusätzlich einzustellendem Telefon-Personal liege: „Ich möchte Frau Elsner gerne einladen, sich einmal in meine Praxis ans Telefon zu setzen. Sie wird schnell feststellen, dass fehlende freie Therapieplätze das Problem sind und nicht die mangelnde Erreichbarkeit. Dieser Frust auf beiden Seiten ist unser tägliches Geschäft. Die vdek-Äußerungen sind ein Schlag ins Gesicht von Patienten und Behandlern.“

 

Die deutschen Psychotherapeuten sehen die zwanghafte Befüllung der elektronischen Patientenakte mit dem Opt-Out-Verfahren ebenso kritisch. Dieter Adler äußert: „Big Brother is watching you“ wird Realität, wenn die Vorstellungen der Krankenkassen eintreten. Weder Patienten noch Ärzte oder Psychotherapeuten haben Kontrolle darüber, was in der persönlichen Akte aufgenommen wird. Sicher möchten die Kassen und viele andere alles wissen. Ob das gut ist, ist noch die Frage.“ Adler ist skeptisch angesichts weltweit zunehmender Cyberangriffe auf das Gesundheitswesen, die die Sicherheit zentral gelagerter, medizinischer Informationen in Frage stellen. 

 

Eine weitere Forderung des vdek stößt auf Kritik des DPNW. Der DPNW-Vorsitzende Dieter Adler kommentiert: „Es ist interessant, das der vdek genau weiß, welche Therapie schneller zum Erfolg führt. Mich würde interessieren, wie die unterschiedlichen Krankheitsbilder, alle in diese eine Schablone passen. Für die Psychotherapie insgesamt bedeutet die Bevorzugung der systemischen Therapie auf Dauer ein aus für andere Therapiearten.“ 

 

Die Terminservicestellen der Kassenärztlichen Vereinigungen stehen häufig in der Kritik. „Eine zwanghafte Befüllung des fehlerhaften Systems mit freien Plätzen, sei nicht die Lösung“, so der Verband. Dieter Adler bietet Alternativen: „Wir haben einen eigenen Terminvergabedienst, der von vielen erfolgreich genutzt wird. Unsere Wartezeiten sind gering und die Trefferquote hoch. Wir tauschen uns hier gerne mit den Verantwortlichen aus, um zu zeigen, wie es richtig geht.“ 

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